Dienstag, 30. November 2010

Découvrir l'ouest

Kaum zu glauben aber das erste FÖJ Seminar in Neustadt an der Weinstraße ist schon mehr als drei Monate her. Da die Zeit wie im Fluge vergeht stand vor kurzem das zweite Treffen an, das diesmal in Frankreich stattfinden sollte. Inzwischen hat sich die Gruppe von uns auslandsorientierten Ökis leicht verändert, d.h. dass noch eine Deutsche und drei weitere Franzosen hinzugekommen sind. Gleichzeitig ist aber auch ein Franzose abgesprungen, tant pis.
Am 15. November ging die Reise los. Erst mit Amélie, Tobi und Julian von meiner Organisation nach Montpelier, anschließend mit der Teamerin Gesa und weiteren FÖJlern per Minibus über Carcassonne und Bordeaux nach St. Jean d’Angély, wo wir in einer großen alten Abtei einquartiert waren. Das Wiedersehen war absolut génial. Auch wenn die drei Monate sehr schnell vergangen sind haben wir FÖJler doch einiges an Fortschritt in der jeweils anderen Sprache gemacht und so war die Kommunikation untereinander kein Problem mehr. Und so stand das Seminarprogramm an. Was machen die anderen bei ihren Einsatzstellen? Gefällt es allen? Wie funktioniert es mit der Sprache? Welche Vorurteile wurden bekräftigt/widerlegt?

Abtei schön und gut, aber wenn man schon einmal im Westen ist will man natürlich auch die Gegend etwas erkunden. Ab nach Rochefort und in die Marais (Moore) d’Yves, wo wir auf einer ehemaligen Einsatzstelle aufgeräumt haben, die im Februar von einer Flut zerstört worden war. 
Unglaublich was das Mehr so alles anschwemmt. Wir haben mehrere kleine Boote und einen Traktorreifen aus den Büschen geholt.  Weiter ging es im Kanu durch die Marais von Amuré und schließlich in die Hafenstadt La Rochelle. Et en plus? Natürlich abendliche Besuche in einer Bar (in diesem Fall in Ellis Park) und jede Menge Klavier-, Gitarren-, Flöten- und Cajonmusik! Die Woche hat mir durchschnittlich gerade einmal drei Stunden Schlaf pro Nacht gegönnt, in der letzten Nacht war es tatsächlich nur etwas mehr als eine Stunde. Mais bon, c’était impec – es war absolut spitze! Schaut euch doch am besten den Film an, um euch einen noch besseren Eindruck zu verschaffen. Wie schon nach dem letzten Seminar kann nun das nächste gar nicht schnell genug kommen. Dann machen wir Ökis uns übrigens auf den Weg nach Deutschland um uns ein wenig in Berlin umzuschauen. In diesem Sinne, à bientôt!

Samstag, 13. November 2010

Was zuletzt geschah...

Die Zeit nach der Bergsteigerei bei Grenoble verging mit einigen séjours (so heißt es, wenn eine Gruppe hier ist) und diversem anderen Zeugs. Vom 13. – 15. Oktober hatten wir eine Klasse mit Leuten in meinem Alter hier, die noch nie etwas von Mülltrennung gehört hatten und sich deshalb etwas bilden wollten. Bei dieser Gelegenheit habe ich mich gleich der Besichtigungstour einer nahe gelegenen Mülldeponie angeschlossen und einen Schreck gekriegt angesichts wie wenig Plastikverpackungen eigentlich recycelt werden können. Leute, passt auf was ihr kauft denn nur aus Plastikflaschen und Containern für bspw. Shampoo lässt sich erneut etwas herstellen!
In der Zeit vom 25. - 29. Oktober hatten wir gleich zwei Gruppen da, die beide richtig klasse und motiviert waren. Neben den alltäglichen Animationen haben wir uns da gegenseitig auch einiges an Wortspielen und besonderen Fingertricks beigebracht. Zudem wurde mir dort gesagt, dass meine Haare angeblich in der Dunkelheit leuchten, oh là là! Zuletzt hatten wir dann noch eine Gruppe hier, wo ich mir schon wirklich Mühe geben musste einen echten Franzosen zu finden. 12 Leute in meinem Alter, darunter neun Mädchen und zwei Jungen von den Komoren, den Philippinen, aus Algerien, Tunesien, Mali und dem Sénégal. Einzig ein Mädchen kam tatsächlich gebürtig aus Frankreich aber dennoch bilden sie eine Klasse in einer Schule in Marseille. Über Marseille war in letzter Zeit wohl auch in Deutschland einiges zu hören. Dort wurde tatsächlich fast einen Monat lang kein Mülleimer geleert und das, obwohl die Stadt selbst mit Reinigungskräften ein regelrechtes Drecksloch ist. Zur besagten Zeit bin ich leider nicht in Marseille gewesen aber Tobias, der dort sein FÖJ macht, hat mir einiges erzählt. Es war demnach keine Seltenheit, wenn man die Mülltonnen nicht einmal mehr gesehen hat. Aber gut, ça marche. Inzwischen ist wieder etwas mehr Ruhe eingekehrt und die Mülleimer sind mal wieder gelehrt worden.
In der provenzalischen Idylle hat mir Bruno unterdessen einen Besuch abgestattet. Da wir beide einem guten Wein nicht widerstehen können haben wir deshalb bei der „Vélo Tout Terrain – Tour des Caves“ mitgemacht, eine klasse Sache. Im Nachbarort Jouques ging es los und mit einer Gruppe haben wir mehrere Weinanwesen besucht. Wart ihr schon einmal in einem Keller mit knapp 250.000 Weinflaschen? Allein der Gedanke macht einen betrunken. Na dann Santé! Das gute war, dass sich alle Gruppen mittags in Jouques wieder versammelten und nun konnten alle Weine probiert werden. Heia, die Rückfahrt nach Peyrolles war lustig!

Montagne à Grenoble


...denn nachdem wir am Morgen die Überreste des Festes beseitigt hatten fuhr ich mit meinem Zimmernachbarn zu seinem Haus in der Nähe von Grenoble. Da ich über meinen Zimmernachbarn noch kaum ein Wort verloren habe, désolé Bruno, hole ich das jetzt mal nach. Bruno heißt der gute Herr und hat, wider möglicher Vorstellungen, nicht ganz mein Alter sondern ist vielmehr 46 Jahre alt. Nichtsdestotrotz ist er ein super netter Kerl. Eigentlich arbeitet er als eine Art Mechaniker in einem Chemieunternehmen nahe Grenoble. Da man aber in Frankreich im Beruf problemlos eine Formation, also eine Art Heranbildung zu einem anderen Berufsfeld machen kann, hat er sich neun Monate lang mit der wärmetechnischen Isolierung von Häusern und erneuerbaren Energien befasst. Nach sechs Monaten „Schule“ standen für ihn drei Monate Praxis an, die er beim Loubatas gewinnen wollte. Tada, so hatte ich also einen Zimmernachbarn. Da seine drei Monate Anfang Oktober vorbei waren, habe ich bewusst „hatte“ geschrieben.
Aber gut, vor seiner Abreise haben wir also eine Tour zu ihm nach Hause und in die Grenobler Alpen gemacht. Das war dann doch etwas anderes alt die Hügellandschaft vor meiner Zimmerfenster hier. Zweimal trieb es uns die Berge hoch. Am ersten Tag nahmen wir es mit den „Deux Sœurs“ und dem „Col Vert“ im der Vercors-Bergkette auf, 2000 und irgendwas Meter sind doch schon mal ein Anfang. Dass wir dabei auch noch einem halben Dutzend Gämsen über den Weg laufen, denen wir uns bis auf 10 Meter annähern konnten, hätten wir auch nicht gedacht. Aber da geht noch was, höhentechnisch. Deshalb wollten wir die zweite Tour auf den 2857 Meter hohen Taillefer machen. Tja, hat nicht ganz geklappt. Der Anfang war richtig klasse. Wir stiegen nämlich einen komplett vom Nebel eingehüllten Hang voller Blaubeeren hoch. Auf der knapp 2000 Meter hohen Anhöhe und mit dem Taillefer vor Augen haben wir aber umgedreht, weil jeder weitere Meter komplett im Schnee lag und dafür waren wir leider nicht genug ausgerüstet. Aber damit war der Spaß noch nicht vorbei. Mit dem Auto gings ein Stück weiter um den Lac Fourchu zu besichtigen, der ebenfalls auf einem über 2000 Meter hohen Bergplateau liegt. Und das hat nun wirklich alles entschädigt. Gleichermaßen stiegen wir komplett im Nebel zum Plateau hinauf und oben sahen wir vielleicht gerade einmal die nächsten 10 Meter vor uns. Aber da hatte der liebe Gott wohl mitgespielt denn mit einem Mal öffnete sich ein Wolkenfenster, d.h. der Nebel verzog sich und plopp, quoi?! Da hatten wir das ganze Plateau und zwei komplett mit Schnee bedeckte Berge genau vor uns. Ah c’est beau ça!
Aber nach zwei Wanderungstagen war der Spaß dann schon wieder vorbei, denn beim Loubatas begann eine neue Woche und damit wartete wieder allerhand Arbeit auf mich.

Fête de l’environnement oder 30 Jahre Loubatas

Ich hatte ja schon gesagt, dass die Assoziation Loubatas 1980 gegründet wurde. Wie es das Jahr 2010 so will bringt es also das 30-jährige Jubiläum mit sich. Beim Loubatas wird in jedem Jahr gegen Ende des Sommers das „Fête de l’environnement“ mit mehr als 500 Besuchern gefeiert und in diesem Jahr feierten wir damit also gleich unser Jubiläum mit. Doch was muss passieren um ausgelassen feiern zu können? Richtig, eine Woche harte Arbeit von morgens bis abends, bei der uns sogar noch 10 ehemalige Mitarbeiter des Loubatas und weitere Freiwillige geholfen haben. Was das Wort „débroussailler“ bedeutet werde ich nun wohl meine Leben lang nicht mehr vergessen, selbst obwohl das Wort im Deutschen gar nicht existiert. Es bedeutet aber ungefähr soviel wie „Gestrüpp entfernen“ und damit war ich allein drei der fünf Tage hier beschäftigt. Aber ich fange hier jetzt nicht an zu jammern, denn mit den anderen super netten Freiwilligen und laut aufgedrehter französischer Reggaemusik machte es sogar richtig Spaß. Et voilà, c’est nickel. Zum Schluss war alles blitzblank und fertig vorbereitet.
Während des Festes hatten wir jede Menge Stände auf dem Gelände, wo allerlei Leute biologische Nahrung, umweltfreundliche Dämmungen und andere nachhaltige Produkte präsentierten. Wir vom Loubatas veranstalteten derweil mehrere Animationen und Miniworkshops. So hatte unter anderem jeder Besucher die Möglichkeit einen Stein zu platzieren, der dann Teil einer Mauer en pierres sèches, also ohne Ziment wurde. Bei Trommelmusik lies ich mich dann sogar mit den anderen Loubatasleuten auf eine Art afrikanischen Freestyle Tanz ein - vielleicht waren wir deswegen die einzigen auf der Tanzfläche. Immerhin gab es noch einen weiteren Mutigen, der sogar mit seinem Pferd tanzte. Eine weitere Trommelgruppe sorgte dann am Abend noch für ordentlich Radau und belebte erneut die Tanzfläche. Um zwei Uhr nachts, dommage, war der Spaß schließlich vorbei, doch für mich ging die Aufregung am nächsten Tag schon weiter...

Chantier International

Man nehme zwei Italienerinnen, drei Deutsche und vier Franzosen und lasse sie eine Woche lang frei beim Loubatas herumlaufen. Et voilà – da haben wir das Chantier International. Anfang September, da war meine Ankunft in Frankreich gerade eine Woche her, machte ich direkt bei einem der Workshops auf unserem Gelände mit. Unser Ziel war es eine „abri compostage“ (Kompostierhütte) zu bauen und das in internationaler Runde. Die beiden Deutschen neben mir waren übrigens Tobias und Amelie aus Marseille, die ebenfalls mit meiner Organisation in Frankreich sind. Allez-hop, on attaque! Und los ging es. Während der fünf Chantier-Tage entstand Stück für Stück eine Holzhütte auf dem Loubatasgelände. 
Vom Fundament über die ersten Stützpfeiler, weiter mit Querbalken und Dachträgern bis hin zu den Seitenbrettern, Dachziegeln und der Dachrinne. Dazwischen lies mein französischer Zimmernachbar Bruno immer wieder „Allez à table!!!“ verlauten, denn auf Essen wollte wirklich keiner länger als nötig warten. Das Chantier bestand aber zum Glück nicht nur aus Arbeit. Da wir in Peyrolles einen schönen Baggersee haben und es Anfang September noch
nicht allzu kalt war, verschlug es uns einen Nachmittag also ins Feuchte. Genaugenommen sogar an zwei Tagen, denn ebenso machten wir einen Ausflug zu den Gorges du Verdon um eine atemberaubende Kajakfahrt durch die Felsen zu machen. An dem Tag wurde mir im Übrigen bewusst, dass ich gar nicht mal so weit von zu Hause entfernt bin. Naja nicht ganz, aber es war schon ein komisches Gefühl durch den Ort Allemagne-en-Provence zu fahren. Sind das genug Ausflüge? Nein!!! Also weiter auf eine kleine Bergsteigertour. Hier, in der Nähe vom Loubatas, gibt es nämlich den „Sommet de Concors“, einen ca. 750 Meter hohen Berg, auf den wir noch hochklettern wollten um einen klasse Sonnenuntergang zu beobachten. Dass wir uns beim Rückweg im Dunkeln ordentlich verfransten und statt drei gleich sechs Stunden für die Rückkehr brauchen, nahmen wir aber gerne in Kauf. Immer noch nicht genug? Ok auf unserem Gelände gab es auch noch allerlei zu besichtigen, so z.B. den „Sentier Découverte“ oder den „Ancien Canal du Verdon“, aber dazu mehr beim nächsten Mal.